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„Um bei der Gesundheitsförderung und -prävention bedarfs- und zielgruppengerecht agieren zu können, braucht es Angebote weit über die Primärversorgung hinaus“, weiß PROGES-Geschäftsführerin Dr.in Doris Polzer. „Je aktiver wir die Menschen zur Teilhabe einladen und je besser wir ihre ganz individuellen Bedürfnisse kennen, umso nachhaltiger können wir ihre Gesundheitskompetenz stärken. Als erfahrener Gesundheitsdienstleister verfolgen wir von PROGES immer das Ziel, gemeinsam mit der Bevölkerung deren Gesundheit zu verbessern, ihre Gesundheitskompetenz zu steigern und gesundheitliche Chancengerechtigkeit herzustellen.“
Mit dem sehr innovativen Social-Prescribing-Ansatz entwickelte PROGES im oberösterreichischen Haslach an der Mühl das Vorzeigemodell GES.UND, das die Themen Gesundheitsförderung und Primärversorgung zusammenbringt. In Kooperation mit dem regionalen Gesundheitszentrum „Hausarztmedizin plus“ und gemeinsam mit der Bevölkerung setzt PROGES dabei auf sehr nachhaltige Maßnahmen.
Sichtbare und nachhaltige Effekte in der Gemeinde
Auch für Dominik Reisinger, Bürgermeister von Haslach an der Mühl, nimmt GES.UND eine wichtige Brückenfunktion zwischen der primären Gesundheitsversorgung und der Prävention und Gesundheitsförderung der Menschen in seiner Gemeinde ein. „Gerade die Corona-Pandemie führt uns deutlich vor Augen, wie wichtig das Miteinander, der soziale Zusammenhalt und soziale Bedürfnisse sind – auch wenn vieles derzeit nur mit Abstand und Maske möglich ist“, sagt er. „Wir bemerken schon jetzt sichtbare und nachhaltige Effekte.“
„In einer Primärversorgungseinheit stößt man an Grenzen“, betont Dr. Erwin Rebhandl, Arzt für Allgemeinmedizin im Gesundheitszentrum „Hausarztmedizin plus“. „Umso mehr braucht es weiterführende wirksame Angebote mit sehr niederschwelligem Zugang – vor allem durch Initiativen aus der Bevölkerung heraus, die professionell begleitet werden. Und genau hier setzt GES.UND an“, so Rebhandl.
„Mit anderen in Kontakt kommen, Neues ausprobieren“
Von GES.UND profitiert die Bevölkerung quer durch alle Altersgruppen. Die 32-jährige Frau L. zum Beispiel wird neben der psychiatrischen Betreuung bei „Hausarztmedizin Plus“ auch ärztlich, psychotherapeutisch und diätologisch begleitet. Zum ersten Mal kam sie auf Anraten ihrer Psychotherapeutin in das PROGES-Gesundheitsbüro, das eine sehr wichtige Drehscheibe des Projekts bildet. Nach einem ausführlichen Erstgespräch besuchte Frau L. die Initiative „GES.UND kreativ“, eine generationenübergreifende und sehr aktive Gruppe, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Handarbeiten trifft. „Ich bin froh, dass ich hingegangen bin, denn da ist etwas echt Tolles entstanden“, freut sich Frau L.
„Ich fühle mich zugehörig und es entwickeln sich über die Generationen hinweg gute Beziehungen, Bekanntschaften und sogar Freundschaften. Das kreative Arbeiten hilft mir gegen Depressionen, Panikattacken und Unruhezustände. Man hat kleine Erfolgserlebnisse, etwas wächst. Es ist für mich ein Achtsamkeitstraining, die Gedanken fließen, aber man bleibt im Hier und Jetzt. Außerdem ist es schön, gemeinsam etwas für die Gesellschaft zu tun und jemandem eine Freude zu bereiten“, erzählt sie.
Auch der 53-jährige, alleinstehende Herr K. wurde durch „Hausarztmedizin Plus“ auf GES.UND aufmerksam. Er nimmt dort Psychotherapie, Diätologie und Sozialarbeit in Anspruch, möchte sein Leben verändern und wieder Anschluss an die Gemeinschaft finden. Im Gespräch stellte sich heraus, dass Herr K. musikalisch und künstlerisch interessiert ist. Seither besucht er das Gesundheitsbüro regelmäßig. „Für mich ist das Netzwerk Psychotherapie, Sozialarbeit und Gesundheitsbüro sehr wichtig“, sagt Herr K. „Im Gesundheitsbüro fühle ich mich akzeptiert und sicher und kann mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Besonders gefällt mir, dass ich immer wieder neue Sachen ausprobieren kann und dabei unterstützt werde.“
GES.UND Initiativen auch in Corona-Zeiten: Telefonkette, Kultur- und Sprachencafé
Was die Initiative kann, zeigte sich auch während des ersten Corona-Lockdowns. Innerhalb kürzester Zeit konnte dank der bestehenden Ressourcen im oberen Mühlviertel die GES.UND-Telefonkette aktiviert werden. Gemeinsam mit „Hausarztmedizin plus“ schuf PROGES ein aufsuchendes, präventives Angebot etwa für zur Risikogruppe zählende Menschen in Haslach, St. Stefan-Afiesl, Lichtenau und St. Oswald. Ein multiprofessionelles Team des Gesundheitszentrums und des PROGES-Gesundheitsbüros kontaktierte Betroffene der Zielgruppe und bot aktiv entsprechende Unterstützung aus allen möglichen medizinischen, pflegerischen, therapeutischen und sozialen Bereichen an.
Bei den angerufenen Personen kam die Telefonkette sehr gut an. „Die etablierte Struktur und die Koppelung von Gesundheitsförderung und medizinischer Versorgung haben ein schnelles Agieren möglich gemacht“, erzählt PROGES-Mitarbeiterin und GES.UND-Projektkoordinatorin Mag.a Julia Commenda über die erfolgreiche Umsetzung.
Ein herausragendes Beispiel dafür, wie GES.UND in Zeiten von Kontaktbeschränkungen auch neue Initiativen implementiert, ist das Online Kultur- und Sprachencafé. Auf Initiative von Walid Eissa, der vor sechs Jahren aus Syrien nach Österreich kam und seit drei Jahren in Haslach lebt, findet das Kultur- und Sprachcafé jeden Dienstag im Netz statt. Im direkten Austausch und durch das Reden können Interessierte nicht nur Fremdsprachen besonders gut lernen oder Sprachen vertiefen. Es ist auch der beste Weg, um mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen in Kontakt zu kommen. Das Kultur- und Sprachcafé veranstaltet die Plattform IN:RO in Kooperation mit GES.UND und weiteren regionalen Trägern.
Social Prescribing: Ein nichtmedizinisches Rezept für Gesundheit und Wohlbefinden
Das Geheimnis des Erfolges des PROGES-Modellprojekts beruht auf dem in England entwickelten Social-Prescribing-Ansatz. Dahinter steht die Erkenntnis, dass soziale Bedürfnisse mit nichtmedizinischen Maßnahmen gedeckt werden können, was auch die physische und psychische Gesundheit nachhaltig stärkt. „Wir verstehen Social Prescribing im engeren Sinn als ein nichtmedizinisches Rezept für mehr Gesundheit und Wohlbefinden, als eine Art Verordnung sozialer Aktivitäten, einen lokalen Verknüpfungsdienst. Wir unterstützen die Menschen dabei, ihre eigenen sozialen Bedürfnisse wahrzunehmen, und setzen konkrete Maßnahmen, wobei sie an den Handlungsaktivitäten immer aktiv mitwirken sollen“, erklärt Doris Polzer.
PROGES griff diesen innovativen Ansatz schon früh auf und zählt damit hierzulande zu den Vorreitern. Im Projekt GES.UND wird das sehr gut sichtbar, denn gerade die Verbindung aus kommunaler Gesundheitsförderung und medizinischer Versorgung bietet auch die optimalen Voraussetzungen für die Umsetzung. Soziale Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung können konkret ausgemacht und strukturierte Unterstützungsangebote direkt adressiert werden.
„Mit Social Prescribing können wir medizinische Therapiemöglichkeiten um unterstützende soziale und gleichzeitig gesundheitsfördernde Maßnahmen erweitern und ergänzen“, betont Dr. Erwin Rebhandl. „Das hilft den Menschen nicht nur dabei, ihre Bedürfnisse umfassend zu identifizieren, sondern sich auch an den Handlungsplänen für ihr eigenes Wohlbefinden zu beteiligen und dieses auch nachhaltig zu verbessern.“
Mit GES.UND setzte PROGES neue Maßstäbe und sammelte wichtige Erfahrungen, die wieder unmittelbar in die Arbeit einfließen. Das Team begleitet die Gemeinschaft und Prozesse, entwickelt immer neue Angebote und evaluiert diese laufend.
Linkworking: Verknüpfungsdienst zwischen Bedürfnissen und Möglichkeiten
Ein wesentlicher Teil des Social-Prescribing-Prozesses ist das sogenannte „Linkworking“, eine Art Verknüpfungsdienst zwischen Bedürfnissen und Angeboten. In der Primärversorgungseinheit beginnt das Linkworking durch die Sozialarbeiterin. „Ausgehend von diesem ersten Schritt werden die Menschen dann zu uns in das PROGES-Gesundheitsbüro überwiesen“, schildert Julia Commenda. „Gemeinsam mit den Betroffenen gestalten wir konkrete Handlungspläne, eröffnen ihnen neue Zugänge und vermitteln sie weiter zu unterschiedlichsten Aktivitäten. Der gesamte Prozess wird dabei von der Expertin begleitet.“
Durch den so in Gang gesetzten Kreislauf werden die Bürgerinnen und Bürger aktiviert, zur Partizipation und Mitgestaltung eingeladen und motiviert. Parallel sucht das PROGES-Team vor Ort passende Ressourcen wie bestehende Initiativen oder neue Angebote. Diese Ressourcen werden genutzt und gestärkt und es kommt zum ganz zentralen Element: zur Vernetzung regionaler Strukturen.
Bildhaft beschreibt Julia Commenda das Projekt GES.UND als eine Art „riesige Landkarte, die alle unterschiedlichen Aktivitäten und vorhandenen Initiativen im oberen Mühlviertel auflistet und die laufend erweitert wird“. Dabei spielt das Gesundheitsbüro als sehr niederschwellige Anlaufstelle eine wichtige Rolle und es wird dementsprechend von vielen Menschen als Ort für Austausch und sozialen Kontakt genutzt.
„So, wie wir Social Prescribing hier umsetzen, also sehr partizipativ und gemeinschaftsfördernd, und speziell auch mit dem Linkworking leisten wir einen wichtigen Beitrag in Richtung eines integrierten kommunalen Versorgungsmodells“, betont Doris Polzer. „Durch den ständigen Austausch und die laufende Evaluation können wir mitverfolgen, wie sich die Gesundheit der Menschen verbessert, ihr Wohlbefinden und die Gesundheitskompetenz in der Region gestärkt werden.“
Nähere Informationen auf: https://www.proges.at/haslach/